Tag 12: Risto – der volle Bericht Tag 10.

Zwei Mann Zelt ! Zwei Mann ??? Bilbo Beutlin und Frodo, die Hobbits hätten sich vielleicht zu zweit in mein zwei „Mann“ Zelt zwängen können. Oder ein Pygmäe und sein dreijähriges Kind.
Als ich alles, was über Nacht auf keinen Fall klamm werden durfte im Zelt verstaut hatte, sah der Bereich in dem ich noch Platz zum Schlafen hatte ungefähr so groß aus wie ein Geburtskanal. Und ich gehöre nicht zu den Menschen, die für ihre enorme Flexibilität und Gelenkigkeit bekannt sind. 1,88 m und 100 kg+. Eine Träne rann mir über die Wange, als ich realisierte, was mir bevorstand. Ich gebar mich unter Schmerzen in den Schlafsack. Als ich nach gefühlten 15 Minuten des Ziehens und Zerrens, Rüttelns und Schüttelns, Ächzens und Stöhnens, begleitet vom enorm aufmunternden “ was machst Du da eigentlich ?“ aus dem Nebenzelt, endlich verschnürt im Schlafsack lag, kam der absolute Horror des fleischhaltigen Campers im Minizelt: Wenn man den Gedanken zulässt hat man eigentlich schon verloren. “ Muss ich nochmal Pipi ?“ Da wünscht man sich einen Körper-Joker.

Sofortige Bewußtlosigkeit inklusive Reduzierung des Harndrangs auf Null.
Leider habe ich meinen schon bei den Bundesjugendspielen 1980 verbraucht, um mir die einzige Ehrenurkunde meiner Schullaufbahn zu erstrampeln. An der Schwelle zu den ersten Teeparties mit Knutschen war das sehr wichtig, da man sich ja als potentiell gesund den weiblichen Mitschülern als knutschkompatibel präsentieren konnte. Ausserdem, wenn man es dann nie wieder schaffte durfte man immer sagen „Hatte keinen Bock“ um den Rebellenfaktor auch noch zu steigern, aber ich schweife ab. Kein Körper-Joker. Die Details des raus, wieder rein und wieder raus erspare ich euch, aber ich bin mir sicher, daß Sauerstoffmangel im Biwak auf 8200 Metern höhe nicht das größte Problem ist.

Ich wünschte auch ich könnte euch sagen, daß ich morgens, befreit von jedem Rückenleiden, aus dem Zelt sprang und lachte, aber die Wahrheit ist eine Bestie. Ich plumpste und quoll hangabwärts aus dem Zelt, wie ein Pferdeapfel aus der dafür vorgesehenen Öffnung und sah aus wie Rocky nach 14 Runden Fratzengeballer von Apollo Creed. “ Schneid´mir die Augen auf Mickey !!“ Ich schwor einen heiligen Eid. Nie wieder zwänge ich mich in dieses Präservativ von Zelt, nie.

Jetzt aber auf die Straße und zwar schön langsam. Ingos Reifen wird es nicht bis nach Hause schaffen. Aber wir müssen bis Helsinki, da auf die Fähre rollen und Samstag früh in Travemünde Reifen abbauen und neue drauf. Bestellt sind sie schon. Die Dinger sind blank. Gespanne fressen ganz schön Gummi. Wenn einer der Reifen vor Helsinki den Geist aufgibt haben wir ein Problem im Apollo 13 – Ausmaß. Drückt die Daumen.

Wir passierten Rovaniemi am Napapiri, dem Polarkreis, -schon wiieeder-.
Was wir nicht wußten: Dort lebt der Weihnachtsmann. Riesenbuhei, Freizeitpark usw. An alle Väter. Dort anhalten ist ein Muß. Man kann dort eine Postkarte einwerfen, die erst zu Weihnachten verschickt wird. Wir freuen uns jetzt schon auf die Gesichter unserer Kinder, wenn zu Weihnachten Post vom Weihnachtsmann persönlich kommt. Vaterfreuden. In Oulu, nach 400 km hatte wir unser Etappenziel erreicht. Von wegen. Platz dicht. Wer im Mai durch Finnland fährt, der plane seine Unterkunft bewußt.

Wir einigten uns, die E4 weiter zu fahren bis Kempele, nix,Temmes, nix, Rantsila, nix. In Pulkkila standen wir zusammen, unsere Tanks wurden leer. “ Wir werden wohl wieder zelten müssen“ Ich wandte mich ab und machte den weinenden Stan Laurel. Ich bettelte alle an. “ Bitte, bitte
nur noch bis Kärsämäki“ Na gut dann.

Ich betete. An der Neste – Tankstelle in Kärsämäki tanken. „Campingplatz ?“ “ Noch zu !! “ Oh Gott, oh gottogott. “ Um die Ecke ist ein Motel, versucht doch da euer Glück !“ Risto vom Textiilitalo-Motel öffnete. „Room for five ?“ „No Sorry “ war sein Reflex. Vielleicht sah er erst dann, daß wir Motorradfahrer waren. „Wartet mal, ich hab noch ein Einzel- und ein Doppelzimmer, aber noch zwei Reisebetten, kommt rein“ Wir bauten eine halbe Stunde sein Motel um,
bis wir fünf Betten in zwei Zimmern hatten. Das Motel ist voll von Motorradbildern und Risto selbst begeisterter Classic Biker. Zahnarzt, das Motel sein Hobby. Wir tranken noch ein Bier und quatschten und dankten ihm dabei auf Knien. Ohne Mopped wär das nichts geworden.
Das Motel ist supersauber, klasse Duschen und wirklich nette Zimmer. Ein absoluter Tipp. Lasst euch nicht von der Lagerhallenoptik abschrecken.

Als ich neben Robert im Bett lag, ich meine Bett, bezogen und so ließ ich meinen Gefühlen freien Lauf. Diesmal weinte ich Tränen der Freude, ein Bett. Ich wischte mir die Augen trocken, kuschelte mich ein und schloß glücklich die Augen. In diesem Moment begann Robert zu schnarchen.

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P.S. Wer unser Gästebuch liest, wird bemerkt haben, daß die liebe Melanie, dem lieben Ingo auf unserer Website einen wunderbaren Heiratsantrag gemacht hat. Hiermit verkünden wir mit Freuden, daß Ingo voller Stolz und Freude „ja“ gesagt hat. Heute trinken wir wohl ausnahmsweis ein Bier. Robert ist bereits im Wald, um sich eine Wandergitarre zu bauen und wir anderen haben bereits unsere Blöckflöten hervorgeholt um heute abend zur Feier des Tages für die beiden „Freude schöner Götterfunke“ in der D-Moll Version der Zeugen Jehovas Abteilung Castrop-Rauxel zu intonieren. Mit den Worten unseres mächtigen Bürgermeisters – tschuldigung, was vergessen – Mit den Worten unseres, der deutschen Sprache nur bedingt mächtigen Bürgermeisters:

“ Den Jubelpaar an ihren Jubeltach ein dreifaches VIVAT! VIVAT!ViVAT! Alles gute von den anderen Griffheizern. „

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