Auf nach Tarifa

Etwas mehr als 7000 km in 2 Wochen. Wieso macht Man(n) sowas ? Eine Frage, die uns gestellt wird und auf der wir jede Menge Antworten finden. Jeder von uns mit seinen eigenen Bilder und Nuancen, die beim Rückblick auf diese Reise kommen. 

Vereinfacht und kurz gefasst startet die Motorrad-Reise im Münsterland nahe der holländischen Grenze über  Luxemburg zum Atlantik im Süden von Frankreich , danach den direkten Weg durch Spanien zu Tarifa entlang der portugisischen Grenze. Von dort fahren wir weiter durch den Süden von Spaniens entlang des Mittelmeeres wieder Richtung Frankreich, streifen Andorra, Monaco, integrieren die Route der Grandes Alpes. Die letzte Übernachtung ist in der Schweiz. Wir finden eine gute Mischung zwischen Autobahn-, genüsslichen Landstraßen- und kurvenreichen Alpen- Fahrtagetage.

Der Treffpunkt zum Start der Tour war am Rastplatz Bottrup Süd auf der A2. Freudig und aufgeregt geht’s los. Unser erstes geplantes Etappenziel ist der Regionaler Naturpark Forêt d’Orient in der Champagne in Frankreich. Ein Campingplatz direkt am See. 

Es ist Pfingstwochenende und wir haben nicht reserviert. Nach einem ersten schönen Fahrtag, der nach der Autobahn Knüppelei in Luxemburg begann, war es mittlerweile fast 20 Uhr und wir waren in einer Gegend,  in der es keinen Campingplatz, Pension oder Hotel mehr für diese Nacht gab. Somit fuhren wir  weiter unserer Route. Ein Blick und Impuls im richtigen Moment führte uns kurz hinter Troyes zu einem Schnellimbiss, wo Menschen draußen gelassener Stimmung sich unterhielten und tranken. 

Ein Glück, dass Dirk so gut französisch spricht und wir in Kontakt mit den Franzosen in dem Schnellimbiss kommen und unser Problem, keine Unterkunft zu finden, gehör findet. Wir werden fast schon herzlich bedient und für mich, der gar kein französisch spricht, ist eine Verständigung mit Händen und Füßen möglich.

Ich kann mich nur an wenige Momente erinnern, eine so offene, freie und vorsichtige Gastfreundschaft erlebt zu haben. Es stellt sich heraus, dass die Menschen vor dem Schnellimbiss eine motorradbegeisterte Familie ist, die uns in Ihrem Garten zum Zelten einladen, was wir dankend annehmen. Mit Pizza und Bier im Schnellimbiss versorgt, können wir nur wenige hundert Meter weiter unsere Zelte aufbauen – und das ist noch nicht alles….

Ich habe noch nichts zum Lachen! Meine Pizza fehlt noch…

Es geht weiter… das erste Mal relativ schnell unsere Zelte aufgebaut zum Schutz des angekündigten Regen sprechen wir bei einem Bier über den ersten Fahrtag. Wir sitzen nicht lange,  da kommen unsere Gastgeber und laden uns zu einem Getränk zu sich ein. Die ganze Familie war anwesend inklusive der Großeltern.

Unser erster gemeinsamer Camping-Abend…

Michel, der Großvater, ein Motorradliebhaber zeigt mir seine Werkstatt mit verschiedenen Motorrädern und Motoren, von dem ich nur wenig verstehe und auch schon mal gar nicht auf französisch, aber ich spüre eine Begeisterung in dem was er mir zeigt und artikuliert. Manchmal braucht es gar nicht mehr für einen Begegnung. Die ganze Familie zeigt uns Ihre Motorrad Begeisterung. Der Sohn und die Enkel von Michel sind begeisterte Enduro-Fans auf Wettkampf Niveau.

Irgendwann regnets und wir wechseln von der Terrasse ins Wohnzimmer, trinken Champagner, wie es in der Gegend der Champagne üblich ist. Wir sind überwältigt von der Gastfreundschaft – wie lachen sehr viel zusammen und bekommen noch rechtzeitig die Kurve, denn ein langer Fahrtag auf der Autobahn steht bevor. 

Am nächsten Morgen kümmert sich Michel rührend um uns. Er bietet uns sein einfaches Badezimmer an und ein kleines Frühstück mit Croissants und Kaffee, dass wir gerne annehmen. Entzückend ist auch zu beobachten, dass seine Frau im Hintergrund immer dabei ist und die Gastfreundschaft von Michel unterstützt. 

Wie werden von Ihm über einen Schleichweg zur Autobahn geführt und konnten den Abschied zum Glück in einem Foto auffangen. Danke Michel! 

Französische Autobahn und Maut

Paris weiträumig zu umfahren hat geklappt und wir sind auf der Autobahn zu unserem nächsten Ziel zu einem Campingplatz bei Pons weniger als hundert km vom Atlantik entfernt. 

Direkt zu Anfang werden wir von einem heftigen Gewitter erwischt und als wir von den ersten Tischtennis großen Hagelkörner getroffen werden, was übrigens bei 80 km/h schmerzlich sein kann, rasten wir eine Stunde unter einer unter Wasser stehenden Autobahnbrücke. Dirk hat den Regenradar im Blick und wählt einen passenden Moment, um die letzten Schauer zu umfahren.

Mehr Regen geht nicht…

Die französische Maut-Technik bringt Dirk und Ingo – milde ausgedrückt zum Kochen – leider erwischen diese immer mal wieder ein Terminal, daß entweder die Maut-Karte nicht lesen kann oder eine kontaktlose Bezahlung herausfordernd ist. Wir kommen dann doch alle durch,  auch wenn der durschnittliche Cortisolspiegel bei dem einen oder anderen immer mal wieder gerissen wird. 

Zum späten Nachmittag verlassen wir die Autobahn und fahren auf Landstraßen durch hügelige Gebiete mit Weinreben, verträumte kleine Dörfer und eine so andere Natur als im  Münsterland. Der Campingplatz ist mitten im Nirgendwo und sehr, sehr einfach. 

Es ist immer noch das Pfingstwochenende und wir haben auch keine Chance uns mit Getränken und Essen zu versorgen. Dirk entlockt den Campingplatzbetreiber einige Spirituosen aus seinem privaten Bestand – das abendliche Bier(e) nach einem Fahrtag wird zum Ritual. 

 Das leibliche Wohl kommt etwas zu kurz – die Notverpflegung mit Tütensuppen und Fertiggerichte muss her.

Von Frankreich nach Spanien  

Bis Mittags sind wir auf der Autobahn unterwegs, vorbei an Bordeaux, Biarritz und dann sind wir schon in Spanien. Es ist so selbstverständlich und einfach über eine weitere Landesgrenze zu fahren – ein klarer Vorteil eines jeden EU-Bürgers im Schengen-Raum. Unser Ziel heute ist der Campingplatz Berceo in der Provinz La Rioja. 

Auf der Höhe von Donostia San Sebastian halten wir uns südlich, verlassen die Autobahn und ab mittags fahren wir herrlich-kurvenreiche Landstraßen im Norden von Spanien, mit Blick auf schroffen Hügeln und malerischen Ausblicken. Die NA-4150 führt entlang des Flusses Urumea und es ist geil mit einer Reiseenduro diese Straße entspannt mit einem Blick für diese Natur zu erleben. 

Wir Vier sind mit einem Kommunikationssystem von Sena ausgestattet und können uns während der Motorradfahrt als Gruppe austauschen – die Betonung liegt auf “können” . Ingo fährt vor und warnt uns vor entgegenkommenden Fahrzeugen oder schnellen Änderungen der Straßenverhältnisse – super hilfreich – und Hut ab bei der zügigen Fahrt neben der Navigation auch das im Blick zu halten.

Es gelingt uns rechtzeitig am Campingplatz Berceo anzukommen und wir checken das erste Mal in Spanien ein. Der Campingplatz ist noch leer und wir brauchen einige Anläufe während der Verständigung, da die Bedienung wenig Englisch spricht. 

Wir merken, dass es deutlich wärmer wird je weiter wir uns unserem Ziel nähern. Wir beenden den Abend in ausgelassener Stimmung.

Gerade am Campingplatz angekommen…
Besprechung weiters Vorgehen für den nächsten Tag, kurz mal zu Hause melden…
Auch in Spanien hat die Saison noch nicht begonnen. Wir haben alles für uns alleine
Auch in Nordspanien ist die Verständigung in Englisch schwierig… Pizza und Bier zu bestellen ist international

Sierra de la Demanda

Vor uns liegt ein wunderbarer Fahrtag durch den Nordwesten Spaniens. Wir genießen die herrlich Kurven- und Haarnadel- reiche Strecke entlang des Flussbettes des Rio Najerilla, der durch den Stausee “Embalse de Mansilla” gespeist wird. Unser erster Stop am Stausee…

Die Straße.. „La Curva de Carola“ oder LR-113
Über diese Brücke sind wir gekommen

Die Straßen sind leergefegt und wir sehen für Stunden kaum Fahrzeuge auf den Straßen. Wir fahren durch alte Dörfer und auch dort sind keine Menschen zu sehen. Wahrscheinlich hat auch hier vor vielen Jahren eine Landflucht in Richtung größerer Städte stattgefunden. Das ist eine Vermutung von mir, aber ob es stimmt, kann ich nicht sagen.

 

Warten bis die von drei Hunden geführte Schafherde vorbei zieht. Wir haben keinen Menschen gesehen!

Die Natur in dieser Gegend wirkt, der fruchtbare Norden Spaniens sieht aus wie ein Mix aus natürlichen Gebieten und landwirtschaftlich kultivierten Flächen. Uns fehlt teilweise die Sprache für das was wir sehen und durch die kurvenreiche Strecke erleben – da kommt über das Sena dann mal – boah – ohhh – wau – und mehr braucht es nicht.

Im Dorf “Barillo de Herreros” gibt es unser Frühstück  – es wird auch Zeit! – am Rathausplatz finden wir ein Lokal und bekommen dort ein super leckeres, frisch zubereitetes Baguette mit Serrano-Schinken und einen Milchkaffee – was eine Vorfreude bei mir für die nächsten Tage…

Blick auf den Marktplatz von Barillo de Herreros
Es ist heute deutlich wärmer als die letzten Tage.. wir suchen den Schatten.

Wir bewegen uns weiter südlich auf einsamen Straßen und verweilen kurz in der Stadt Mojados. Die Temperaturen sind über 30 Grad,  fahren weiter zu einem Campingplatz an den Ausläufern des  Stausees der “Embalse de Santa Teresa” in der Nähe der Stadt Guijuelo.

Unglaublich – wir haben den ganzen See für uns alleine – schnell die Zelte aufgebaut, einige Biere und dann ab in den See – der Blick vom See auf die umliegenden Berge ist atemberaubend und wir Vier sind verdammt-nochmal Glückspilze genau jetzt in dem Moment zusammen dieses zu erleben. 

Der See für uns alleine
Blick auf dem See vom Campingplatz

Extremadura

Es ist der fünfte Tag unserer Reise. Wir sind morgens vor sieben auf den Beinen, es wird Kaffee gekocht, sich ausgetauscht, die Route besprochen, das Wetter geprüft,  frisch gemacht, Zelte abgebaut und verpackt. Das morgendliche Ritual bringt uns in Bewegung. 

Dieser schön gelegene Campingplatz an den Ausläufern des Stausees der “Embalse de Santa Teresa” bleibt mir in Erinnerung und ist für mich ein interessantes Ziel für einen weiteren Urlaub. Wir sind in der Region Kastilien-Leon, Madrid ist ca. 220 km in östlicher Richtung entfernt.

Wir starten wieder auf schönen kleinen Landstraßen mit engen Kurven und Kehren und wissen noch nicht ,dass wir ab mittags lange, gerade Landstraßen in südlicher Richtung fahren mit steigenden Temperaturen, die an unserer Konzentration zehren. 

Unser Halt für’s Frühstück ist Bejar (Salamanca), eine Stadt mit historischen Zentrum. Die Route des Navigationssystems von BMW (Navigator 5) führt den Fahrer, bei Auswahl der Option “kurvenreiche Strecke” immer durch den Stadtkern. Bei diesem Ort empfanden wir das als gute Wahl. 

pan con tomato, por favor

Im Cafe “El Murallon” probieren  wir ein “pan con tomate: Brot, Tomate, Olivenöl”, was in dieser Gegend üblich zum Frühstück oder als Mittagssnack gegessen wird und es schmeckt köstlich. Dabei ist es sehr simpel. Es ist ein getoastetes Weizenbaguette, was mit frisch passierten Tomaten bestrichen und mit Olivenöl und etwas Salz verfeinert wird.

Leider ist nicht so viel Zeit und wir wollen unser Tagesziel erreichen. Beim Verlassen der Stadt fahren wir an der “Plaza de Toros”, einer Stierkampfarena vorbei – nicht, dass ich den Stierkampf befürworte, aber ich würde gerne mehr von den Menschen hier über diese Kultur wissen.

Die Extremadura…
Einfach geil diese Weite und Schönheit der Natur
Leere Straßen.. die Extremadura hat eine sehr geringe Bevölkerungsdichte.. ideal für ein Road-Abenteuer

Wir halten an einer Staumauer über die die Wassermengen für den  “Rio Alagon” mit Schleusen begrenzt wird. 

Das Wasser wird zusätzlich über diese Kanäle in die Tiefe zum Fluss geführt..
Der Blick von einer Schleuse, die Wegen Umbauarbeiten nicht in Betrieb ist.

Später halten wir dann nochmal am Aussichtspunkt auf den “Rio Tajo” kurz vor der Abfahrt zur EX-208.

Den Camping-Platz “El Vireo” in der Nähe von Merida erreichen wir zum frühen Abend und lassen diesen anstrengenden Fahrtag mit hohen sommerlichen Temperaturen gemütlich und entspannt ausklingen.

Geschafft…

Tarifa

Wir wurden letzte Nacht von hochgewachsenen Platanenbäume geschützt. Der kräftige, warme Wind kam mir vor als wären wir nahe dem Meer und das andauernde Rascheln der Blätter über Nacht wirkte beruhigend auf mich. 

Wir kommen zeitig los, um vor der erwarteten Hitze ab mittags ein gutes Stück weiter zu kommen. Nachts kühlt es sich angenehm ab, tagsüber erreichen die Temperaturen im Südwesten dieses Jahr bereits Anfang Juni über 35 Grad.

Es sind knapp 400 km bis Tarifa, die wir heute zügig erreichen. Die zu fahrende Strecke ist unspektakulär und ab Sevilla fahren wir Autobahn, die wir erst kurz vor dem Ziel, verlassen. Bis Sevilla fahren wir Landstraße, die parallel zur Autobahn nach Sevilla liegt.

Wir sind in den Modus gewechselt öfter kürzere Pausen zu machen – ideal bei der Hitze. 

Rastplatz ca. 50 km vor Sevilla

Wir fahren am westlichen Rand auf Landstraßen an Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens, vorbei und dann geht’s auf die Autobahn – wir wollen bei der Hitze raus aus unseren Motorradklamotten!

Seit Stunden blicken wir auf Olivenplantagen, geordnet und ausgerichtet wie der Lageplan in Städten. Einem Olivenfeld ähnelt dem anderen. Für mich sehen alle Olivenbäume gleich aus, aber das sind sie nicht. Spanien hat ungefähr 250 verschiedene Sorten an Olivenbäume und ist der größte Olivenöl Exporteur weltweit. 

Ziel ist der Campingplatz “Camping Rio Jara” in Tarifa, der  ca. fünf Kilometer vom Stadtkern entfernt ist. Wir bleiben für drei Nächte – eine Pause am südlichsten Zipfel Europas. 3000 km sind wir bereits gefahren und wir nehmen uns noch mehr als die doppelte Entfernung vor.  

“Camping Rio Jara” ist ganz klar ein Platz für Surfer, Reisende und Aussteiger – herrliche Eindrücke. 

Am Ankunftstag gehen wir es ruhig an und genießen den späten Nachmittag in der Sonne – befreit von der schwitzigen und warmen Motorradbekleidung. 

Der Campingplatz liegt westlich von Tarifa und wenn Tarifa die Trennung zwischen Atlantik und Mittelmeer darstellt, springen wir heute in den Atlantik. Der an dem Campingplatz gelegene Strand ist weitläufig und die Natur gewaltig, der Blick ist aufs Meer gerichtet oder auf die Berge – einfach Geil!

Reichlich Platz und Natur
Und Luftlinie sind es nur 15 km bis Marokko
Blick auf den Los Lances Beach am Campingplatz
Das ist mal ein ordentlicher Strand!

Am ersten Abend bleiben wir auf dem Gelände des Campingplatzes. Eine Gastronom versorgt uns mit Essen, Bier und später probieren wir den leckeren, süffigen, spanischen Sangria mit viel Eis. 

In der Nacht werden wir vom aufkommenden Sturm wach – ja, ein Sturm. Ich kann nicht mehr schlafen und denke immer wieder… “Gleich fällt ein umliegender Baum um oder wir werden von einer Sturmflut weggerissen”. Nichts passiert, aber der Sturm bleibt – hallo! – wir sind hier im Surferparadies Tarifa – irgendwie logisch, dass hier kräftige Winde wehen! 

Der extreme Wind bleibt – am nächsten Morgen fühlt es sich mit dem Wind so anders an. Wir sehen die nächsten zwei Tag auch nur einen einzigen Kitesurfer und ich meine, dass der Wind zu stark anstatt eine gute Bedingung für’s Kite- und Windsurfen ist – so meine laienhafte Einschätzung

Morgens  fahren wir in die Innenstadt von Tarifa. Eine typische spanische Stadt mit einem historischen Stadtkern und kleinen verwinkelten Gassen.

Der einzig „fliegende“ Kite-Surfer
Links Mittelmeer, rechts Atlantik

Der Stadtstrand führt zur Mini Insel Tarifa, der aller südlichste Punkt. Leider ist der Zugang zur Insel gesperrt. 

Zum späten Nachmittag auf dem Campingplatz zurück,  laden wir neu eingetroffene Motorradfahrer, die unsere Camping Nachbarn sind, zu einem Bier ein und verbringen einen netten Nachmittag und Abend mit alten und neuen Geschichten.

Max (aus Österreich) und Antoine (aus Frankreich) sind auch mit dem Motorrad unterwegs…
Im Restaurant auf der anderen Straßenseite des Campingplatzes